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"WO RECHT ZU UNRECHT WIRD, WIRD WIDERSTAND ZUR PFLICHT, GEHORSAM ABER VERBRECHEN!"

                                                                                                         Papst Leo XIII.(1891)

 

 

 

Zeitdokumente

 

Töten aus Überzeugung
- Was hat sich von damals
zu heute geändert?

Nur die Methoden und der Zeitpunkt
 - sonst nichts!

 

Über 90 Prozent der ungeborenen Kinder
mit diagnostiziertem Down-Syndrom werden vor ihrer Geburt getötet
= vorgeburtliche Euthanasie.

Ein Fortschritt? ... sicher nicht!


 


Euthanasie – Mord im Namen

 von Forschung und Rassenlehre
 


Sie wurden vergast, vergiftet oder man ließ sie verhungern: Von 1939 bis 1945 fielen 250 000 bis 300 000 psychisch, geistig und körperlich kranke Menschen der Euthanasie zum Opfer.

Lange Zeit haben sie zu ihrer Rolle bei der NS-Euthanasie geschwiegen. Geschwiegen zu den Zwangssterilisationen und dem Hunderttausendfachen Mord an Behinderten und Kranken. Inzwischen hat sich die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) der Mitverantwortung dieser Taten ihrer Vorgängerorganisation gestellt. Im Auftrag der Gesellschaft haben Wissenschaftler herausgefunden: Ärzte und Psychiater haben die NS-Euthanasie nicht nur vorangetrieben, sondern sie auch skrupellos umgesetzt.

Sie galten als „Ballastexistenzen“, als „lebensunwertes Leben“. Sie wurden vergast, vergiftet durch eine Überdosis von Medikamenten oder man ließ sie systematisch verhungern. Von 1939 bis 1945 fielen im gesamten deutschen Herrschaftsgebiet circa 250 000 bis 300 000 psychisch, geistig und körperlich kranke Menschen der sogenannten Euthanasie zum Opfer. Auf Veranlassung von Ärzten, die aus Überzeugung handelten. Die kein schlechtes Gewissen hatten, sondern auch ohne Nazi-Befehle zu Mördern wurden. Ganz im Gegenteil: „Die Idee der Tötung von lebensunwerten Leben stammte von Ärzten und nicht von Politikern“, sagt der Medizinhistoriker Volker Roelcke von der Universität Gießen.


Mediziner als willfährige Handlanger des Regimes

Ärzte propagierten diese Idee massiv sogar schon lange vor 1933. Ärzte, die am Ende auch nicht davor zurückschreckten sich an Menschenversuchen zu beteiligten. Die ihre Chance witterten, um endlich das machen zu können, was sie schon immer machen wollten. Die Nationalsozialisten öffneten ihnen dazu die Türen. Und sie sorgten mit dem „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ auch dafür, dass etwa 360 000 bis 400 000 Menschen von 1934 bis1945 im Deutschen Reich zwangssterilisiert wurden.

 


2010 hat die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde eine unabhängige und internationale „Kommission zur Aufarbeitung der Geschichte der DGPPN“, ins Leben gerufen unter Vorsitz von Volker Roelcke. Deren Forschungsergebnisse wurden Ende 2012 beim Jahreskongress der Gesellschaft in Berlin vorgestellt. Es folgt im kommenden Herbst noch eine weitere Publikation des Bielefelder Historikers Hans-Walter Schmuhl, der im Auftrag der Kommission die Geschichte der psychiatrischen Fachgesellschaft im Nationalsozialismus untersucht hat.


Ärzte nutzten die unbegrenzten Möglichkeiten im Dritten Reich
Sein Fazit: „Die neueren Forschungen sind schmerzhafter, weil sie an die Substanz gehen und doch auch zeigen, wie in bestimmten Vorstellungen über das Versorgungssystem von Menschen mit psychischen Erkrankungen und geistigen Behinderungen sich Dinge eingeschlichen hatten, die sich dann ganz gut mit der Ideologie der Nationalsozialisten verbinden ließen.“ Es sei ein Irrglaube zu denken, Ärzte bzw. Psychiater wären von den Nazis gezwungen worden, den Mord an psychisch Kranken und Behinderten zu begehen. Sie seien keineswegs „von einem diktatorischen System getrieben worden“, sondern „eher davon, die unbegrenzten Möglichkeiten in diesem neuen „Dritten Reich“ ausnutzen“, sagt Schmuhl.


Töten aus Überzeugung

Viele töteten aus Überzeugung, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Um das zu verstehen, hat sich der Historiker Hans-Walter Schmuhl die Berichte von sogenannten T4-Gutachtern angesehen. Die Abkürzung T4 geht auf die Bürozentrale der Euthanasie-Aktion zurück in der Tiergartenstraße 4 in Berlin. Von 1939 bis 1941 erheben sich ausgewählte Ärzte bzw. Psychiater zu Richtern über Leben und Tod von psychisch Kranken und Behinderten, die sich in Anstaltsbehandlung befinden – allein anhand von Krankenakten.

 

Sie teilen die Anstaltsinsassen in drei Gruppen ein. Diejenigen, die therapierbar sind, sollten behandelt werden. Die Menschen, die nur noch arbeitsfähig sind, „soll man therapieren so gut es geht und sie zwangssterilisieren. Und diejenigen, die nicht mehr arbeiten können und so für die Gesellschaft nicht mehr nützlich sind, sollten getötet werden.“ Für Schmuhl ist gerade diese enge Verschränkung von Heilen und Vernichten der Schlüssel, um eine Idee davon zu bekommen, weshalb sogar Ärzte, die lange Zeit für eine humane Psychiatrie eintraten, nun zu Mördern wurden.


Beteiligung am Unrecht aus Karrieregründen

Wie unterschiedlich die Motive der zahlreich beteiligten Psychiater waren, zeigen unter anderem zwei Beispiele, die der Historiker Hans Walter-Schmuhl im Auftrag der DGGPN untersucht hat. Da ist zum einen der Psychiater Friedrich Mauz, bis 1939 Privatdozent an der Universität Marburg, dann Professor an der Universität Königsberg. Lange Zeit publiziert er erfolglos, wird in der Wissenschaft kaum beachtet. Um doch noch Professor zu werden, dient er sich den neuen Machthabern an, obwohl ihn die NS-Erb- und Gesundheitspolitik kaum interessiert. Als die Nationalsozialisten ausgewählte Psychiater fragen, ob sie als T4- Gutachter fungieren wollen, willigt Mauz ein.

Während Mauz also nach beruflichem Erfolg strebt und daher zustimmt, lässt sich im zweiten Beispiel – Valentin Faltlhauser – kaum nachvollziehen, weshalb er T4 Gutachter wird und nun über den Tod von psychisch Kranken und Behinderten zu entscheiden hat. Faltlhauser kommt aus der Reform-Psychiatrie der 1920er-Jahre, einer Psychiatrie, die die Mauern der Anstalten durchlässiger machen und Kranke wieder in die Gesellschaft eingliedern will. „Da war er eigentlich der führende Mann“, sagt der Historiker Hans-Walter Schmuhl.

 



Ökonomische Rationalität eines Tötungsprogramms

Faltlhauser setzt sich vehement dafür ein, die Anstalts-Psychiatrie zu reformieren. Gleichzeitig lässt er als Direktor der Heil- und Pflegeanstalten in Kaufbeuren und Irsee behinderte Menschen gezielt verhungern. Auf den ersten Blick erscheint es kaum nachvollziehbar, weshalb er auf der einen Seite sich für eine menschenfreundliche Psychiatrie einsetzt und auf der anderen Seite Menschen skrupellos tötet. „Das sind zwei Seiten ein und desselben Mannes“, sagt der Historiker Schmuhl, „die man nur schwer zusammenbringt und wo man ohne diese Gedankenfigur des Heilens und Vernichtens gar nicht klar kommt. Das heißt, geltende ethische Maßstäbe zählen nicht mehr, sondern es gilt die Devise: Wem wir helfen können, dem helfen wir. Das tun wir mit aller Kraft. Und um die anderen kümmern wir uns nicht mehr. Am Besten ist es, wenn sie sozialverträglich ums Leben gebracht werden.“ Eine makabre Sichtweise, die damals unter vielen Psychiatern verbreitet war und noch einen anderen Effekt verfolgte.
„Dieses Tötungsprogramm“, sagt der Medizinhistoriker Volker Roelcke, „hatte auch eine enorme ökonomische Rationalität.“ So wurde genau berechnet, was psychische Kranke und Behinderte dem deutschen Reich kosteten. Und Menschen, die weder therapierbar noch für eine Arbeit einsetzbar waren, kosteten unnötig Geld. Es bestand kein Grund sie am Leben zu lassen.


Mit Zwangskastration gegen „Entartung“


Die Wurzeln dieses Denkens gehen weit zurück. Schon um 1900 wird in Deutschland und auch in der Schweiz darüber diskutiert, ob es nicht sinnvoll sei, dass erbkranke Menschen sich nicht mehr vermehren sollten. Das fordert etwa der Psychiater und Rassenhygieniker Ernst Rüdin schon 1903. Sein Lehrer, Auguste Forel, von 1879 bis 1898 Professor für Psychiatrie an der Universität Zürich und Direktor der Psychiatrischen Universitätsklinik, veranlasste an Patienten und Patientinnen die ersten Kastrationen und Sterilisationen aus eugenischen Grünen in Europa. So wollte man schon damals der „Degeneration“, der „Entartung“ der Menschheit“ entgegenwirken.

 

Rüdin tritt in die Fußstapfen von Forel und prägt maßgeblich die neu entstehende Bewegung der sogenannten Rassenhygiene. Gleichzeitig genießt der Schweizer Psychiater – das belegen die neuen Forschungen des Medizin-Historikers Volker Roelcke eindeutig – im In-und Ausland einen sehr guten Ruf. Rüdin wird 1917 Abteilungsleiter in der Deutschen Forschungsanstalt für Psychiatrie in München. Einer Forschungsinstitution, die 1924 zu einem Institut der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft wird. Rüdins Abteilung gilt international als Mekka der psychiatrischen Genetik und der Epidemiologie, untersucht also inwieweit psychische Krankheiten vererbt werden.

 

„Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“
 

Wie er plädieren auch Genetiker vor allem in den skandinavischen Ländern für Zwangssterilisationen von Erbkranken. Rüdin geht noch einen Schritt weiter. Er fordert beispielsweise auch, dass Alkoholiker sterilisiert werden. Und auch er betont, es sei zu überprüfen, ob es sinnvoll sei, dass der Staat Behinderte finanziere. Gleichzeitig war es Rüdins Motivation, sagt der Medizinhistoriker Volker Roelcke, „gute Wissenschaft zu machen. Mithilfe von wissenschaftlichem Wissen sollte der Volkkörper, der Staat, gestärkt werden, um wettbewerbsfähig zu bleiben.“

Rüdin ist auch maßgeblich beteiligt am deutschen „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“, das im Juli 1933 beschlossen wird. Das Ziel: Erbkranke sollen sich nicht mehr fortpflanzen. „Dieses Gesetz“, so heißt es etwa in einer Wochenschau von 1934, „soll Helfer sein, das Kranke auszumerzen. Ebenso wichtig ist es, das Gesunde und Starke zu fördern.“

 

Hetzjagd auf kranke Menschen
 

Das Gesetz wirkt. Es beginnt in Deutschland eine Hetzjagd. Hausärzte, Pfleger, Fachärzte und Hebammen sind nun verpflichtet, sogenannte erbkranke Menschen zu melden. Am Ende sind schätzungsweise 360 000 – 400 000 Menschen zwangssterilisiert. Und über 6000 sterben infolge von Komplikationen bei der Operation.

Dorothea Buck hat überlebt. Sie wird 1936 im Alter von 19 Jahren zwangssterilisiert. Heute ist sie 95 Jahre alt und lebt in Hamburg. So als wäre es gestern gewesen erinnert sie sich daran, was ihr Leben entscheidend verändern sollte. 1936 erkrankt Dorothea Buck an Schizophrenie. Ein Arzt rät ihrer Mutter, sie in die von Bodelschwinghschen Anstalten nach Bethel zu bringen. Dort bekommt sie die menschenverachtenden Praktiken der damaligen Psychiatrie zu spüren: Dauerbäder, Kaltwassergüsse und Sprechverbote. Ihre Mutter wird vor die Wahl gestellt: Entweder die Tochter wird zwangssterilisiert oder sie bleibt in der Anstalt bis zum 45. Lebensjahr. Ihre Mutter stimmt schließlich der Zwangssterilisation zu.

 


Einsatz für eine humane Psychiatrie


Dorothea Buck erfährt nicht, was mit ihr passiert. „Am Abend vorher wurde die Operation vorbereitet. Ich frage die Stationsschwester: Wozu? Und da sagte sie: Für einen kleinen notwenigen Eingriff.“ Dorothea Buck fragt dann nicht mehr weiter. Zuvor musste sie vor drei Männern antreten, dem sogenannten Erbgesundheits-Gericht. Die fällten das Urteil über sie. Ein Bild hat sich fest in ihr eingebrannt, sagt Dorohea Buck: Noch heute sehe sie, wie die Stationsschwester mit der Spritze über ihr gestanden hätte. Und erst viel später hätte sie von einer Mitpatienten erfahren, was der „nötige kleine Eingriff“ wirklich bedeutete.

1937 wird Dorothea Buck entlassen. Die Zwangssterilisation hat ihr Leben völlig verändert, sagt sie heute rückblickend. Sie wollte Kindergärtnerin werden, heiraten und Kinder bekommen. Das alles war damit zunichte gemacht. Sie durfte auch keine höheren und weiterbildenden Schulen besuchen.


Jahrzehnte lang verdrängten Patientenmorde

Dennoch gelingt es Dorothea Buck nach 1945 schrittweise, sich aus ihrer Lebenskrise zu befreien. Sie wird Bildhauerin, arbeitet als Kunstlehrerin in Hamburg. Sie hat noch mehrere schizophrene Schübe, den letzten 1959, und lernt verschiedene psychiatrische Kliniken und Behandlungsmethoden kennen. Doch die jahrzehntelang verdrängten Patientenmorde und die Unmenschlichkeit der psychiatrischen Anstalten lassen sie nicht los. 1987 gründet sie mit anderen Opfern den „Bund der Euthanasie-Geschädigten und Zwangssterilisierten.“ Sie schreibt sich ihren ganzen Zorn von der Seele, schreibt ein Theaterstück „Tragödie der Euthanasie“ und veröffentlicht 1990 ihre Lebensgeschichte „Auf der Spur des Morgensterns“.

Unermüdlich setzt sie sich für eine humane Psychiatrie ein, wendet sich an Politiker und Kirchenvertreter. Sie sagt: „Wenn diese Ermordung von Menschen nicht völlig umsonst gewesen sein und wenigstens heute einen Sinn haben sollen, dann den, dass die psychiatrisch Tätigen daraus lernen. Dass sie nicht von ihrer eigenen Wirklichkeit, sondern von der Wirklichkeit derer ausgehen.“

 



Psychiater entschuldigen sich für das Unrecht an den Patienten

Konkret heißt das, sie möchte, dass das individuelle Erleben des Patienten und der Sinn für ihn Grundlage für die psychiatrische Therapie wird. An der Patienten, Angehörige und Psychiater gleichermaßen mitwirken. Sie findet Mitstreiter unter Betroffenen und Psychiatern. Der von ihr geforderte gleichberechtigte Austausch findet beispielsweise in den seit 1989 erstmals eingeführten Psychose-Seminaren statt. Kliniken in Deutschland und der Schweiz arbeiten nach ihren Ideen. 1996 wird ein Wohnheim für psychisch kranke Menschen in Bottrop nach ihr benannt. Und 2008 erhält Dorothea Buck das Bundesverdienstkreuz für ihr Lebenswerk im Kampf um eine bessere Psychiatrie.

Frank Schneider, ehemaliger Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) besucht Dorothea Buck in Hamburg. Er erwähnt ausdrücklich ihr Engagement, als er sich 2010 im Namen der DGPPN bei allen Opfern und Angehörigen entschuldigt für das Leid und Unrecht das ihnen Psychiater während des Nationalsozialismus zugefügt haben.

Wissenschaftliche Experimente mit Psychiatrie-Patienten
Die von Frank Schneider 2010 initiierte internationale Kommission zur Aufarbeitung der Rolle der psychiatrischen Fachgesellschaft (sie hieß damals GDNP) während des Nationalsozialismus hat mit Hilfe der beteiligten Historiker noch andere Fakten herausgefunden. So wurde auch an Psychiatrie-Patienten wissenschaftlich experimentiert, ähnlich wie an Häftlingen in Konzentrationslagern. Die Forscher gehen aus von insgesamt ca. 20 000 Opfern medizinischer Versuche, darunter eine erhebliche Zahl von Psychiatrie-Patienten.

20·000 Opfern medizinischer Versuche

 

Diese Menschenversuche, sagt der Gießener Medizin-Historiker Volker Roelcke, entsprangen aber nicht irgendwelchen sadistischen oder kranken Gehirnen von Psychiatern oder anderen Medizinern, die nun glaubten, alles machen zu dürfen. Ganz im Gegenteil. „Das ist eben gerade bestürzend, dass man das nicht einfach abtun kann als Pseudowissenschaft. Die Fragestellungen selbst waren in der Zeit aktuell, sie wurden auf internationalen Tagungen verhandelt.“ Und weiter meint Roelcke. „Das Brutale und völlig Unakzeptable an dieser Forschung ist, dass hier für vermeintlich relevante und drängende Fragestellungen Versuchspersonen benutzt worden sind wie Tiere. Es war keineswegs das Anliegen, die Menschen zu quälen, wie das manchmal dargestellt wird. Damit kann man die Täter pathologisieren, sie sind dann selbst pervers oder psychisch krank, aber das stimmt nicht.“

Mit manchen Ergebnissen dieser Menschenversuche glänzen deutsche Psychiater und Neuropathologen nach dem Krieg im In- und Ausland. Doch wenige ahnen, wie die Erkenntnisse zustande gekommen sind, sagt der Medizin-Historiker Roelcke. „Nach 1945 ist wiederholt gesagt worden, diese Forschung ist an Großtieren geschehen. Damit waren dann Schweine gemeint oder Menschenaffe, so hat man versjucht, den Sachverhalt zu verschleiern.“


Viele der Täter machen später noch Karriere


Die Täter von damals, die Psychiater und Ärzte, entziehen sich nach 1945 ihrer Verantwortung. Wie auch ihr Verband, die Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN). Jahrzehntelang schweigt die Gesellschaft zu ihrer Rolle im NS-Staat Staat. Verschweigt Morde und Zwangssterilisationen ihrer Vorgängerorganisation, dem Deutschen Verein für Psychiatrie. Viele der Verantwortlichen für Menschenrechtsverletzungen machen nach 1945 Karrieren, auch ehemalige T4 Gutachter, einige von ihnen werden sogar Präsidenten der DGPPN.

Die Aufarbeitung der Rolle der Psychiatrie im Nationalsozialismus zeigt klar: Psychiater waren aktiv beteiligt an den Grausamkeiten im Nationalsozialismus. Die Forschungen der Historiker sollten nach dem Wunsch des ehemaligen Präsidenten der Gesellschaft Frank Schneider fortgesetzt werden. Untersucht werden sollte unter anderem, welche Ärzte bei der sogenannten Euthanasie nicht mitgemacht haben und welche Karrieren diejenigen einschlugen, die sie vorantrieben und das Morden umsetzen. Zuvor sollte die Forschergruppe ihre Ergebnisse präsentieren. Im Dezember vergangenen Jahres legten sie ihre Studien vor. Der Weg schien frei für ein Folgeprojekt.
 

Probleme, sich der eigenen Vergangenheit zu stellen
 

Doch die Gesellschaft zögert nun. Der neue Präsident der DGPPN, Wolfgang Meier erklärte auf Anfrage, die bisherigen Ergebnisse müssten erst noch zusammengetragen und ausgewertet werden. Erst dann könne ein Konzept für einen Folgeauftrag erarbeitet werden. „Wir gehen davon aus, dass dieses Konzept im Laufe des Jahres erarbeitet werden kann. Besonderes Augenmerk sollte dabei auf den Geschichtsverlauf in der BRD und der DDR gelegt werden“, schreibt Meier in einer E-Mail.

Den Medizinhistoriker und Vorsitzenden der „Kommission zur Aufarbeitung der Geschichte der DGPPN“, Volker Roelcke, überrascht diese Antwort des neuen Präsidenten. Zusammen mit Hans-Walter Schmuhl habe er schon längst dem Vorstand und dem Beirat der DGPPN ein Konzept für ein Folgeprojekt vorgelegt. Roelcke hat für sich eine erste Konsequenz gezogen: Er wird nicht mehr als Vorsitzender der Kommission fungieren.

Es scheint so, als würde die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde noch weitere Zeit brauchen, um sich ihrer ganzen Vergangenheit zu stellen.

 

Quelle: Focus, 24.03.2013
 

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